News

5. Februar 2025

Stellungnahme zur Übergangsregelung im SGB IV

Der Tonkünstlerverband Berlin vertritt eine differenzierte Position zu den vom Bundestag am 30.01.2025 beschlossenen Änderungen im Vierten Buch Sozialgesetzbuch.

Durch den Bundestagsbeschluss ist eine Übergangsregelung für die Versicherungspflicht von Lehrkräften bis zum 31.12.2026 in Kraft gesetzt worden. Nach dieser Regelung sind Honorarverträge für Lehrtätigkeiten weiterhin möglich, wenn die Vertragsparteien bei Vertragsschluss übereinstimmend von einer selbstständigen Tätigkeit ausgehen, und die betroffenen Lehrkräfte dem zustimmen. Eine sozialversicherungspflichtige Tätigkeit kann durch eine Statusfeststellungsprüfung dann erst wieder ab dem 01.01.2027 festgestellt werden; bis dahin sind auch keine Rückforderungen von Sozialversicherungsbeiträgen möglich. Diese Regelung kann auf die wirtschaftliche Situation der Verbandsmitglieder des TKV Berlin sowohl positive als auch überwiegend negative Auswirkungen haben.

Bildungsträger und Auftraggeber von Honorarkräften, darunter im Wesentlichen auch Musikschulen, sind gehalten, in diesem Zeitraum rechtssichere Lösungen für die Beschäftigung ihrer bisher selbstständigen Mitarbeiter*innen zu finden. Der Tonkünstlerverband Berlin sieht es weiterhin als geboten an, dass öffentliche Musikschulen den wesentlichen Teil ihres Unterrichtsangebots mit fest angestellten Arbeitskräften erbringen. Insofern ist die Übergangsregelung kritisch zu betrachten, denn sie kann gerade in Berlin, wo nur 23 % der Lehrkräfte an öffentlichen Musikschulen angestellt sind, dazu führen, dass Lehrkräfte, die eine Statusfeststellung beantragt haben oder bei denen bereits eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung festgestellt wurde, weiterhin keinen Arbeitsvertrag erhalten. Auch besteht die Gefahr, dass Lehrkräfte bei Nichteinverständnis mit den Bedingungen eines Honorarvertrags an ihren Musikschulen nicht mehr weiter eingesetzt werden. Der Tonkünstlerverband Berlin appelliert an den Berliner Senat, seiner Verantwortung für die öffentlichen Musikschulen gerecht zu werden, nachhaltige Beschäftigungsstrukturen zu fördern und trotz des Bundestagsbeschlusses Mittel für neue Festanstellungen von Lehrkräften (unter Berücksichtigung einer angemessenen Erfahrungsstufe) bereitzustellen.

Für private Musikschulen, die auch zukünftig auf den Einsatz von Honorarlehrkräften angewiesen sind, ist durch die Übergangsregelung eine potentiell existenzbedrohende Gefahr abgewendet und immerhin für zwei Jahre Planungssicherheit gegeben. Diesen Betrieben wird die Übergangsregelung willkommen sein, wenn sie auch keine dauerhafte rechtssichere Lösung darstellt. Hier wird es darum gehen müssen, Betriebsformen und Vertragsmodelle auf die ab 2027 geltende Rechtslage abzustimmen, um Scheinselbstständigkeit zu vermeiden. Der Tonkünstlerverband Berlin appelliert an die Träger*innen und Inhaber*innen freier Musikschulen, trotz der damit verbundenen finanziellen Belastung grundsätzlich faire Honorare für alle Lehrkräfte zu ermöglichen und damit zu gewährleisten, dass diejenigen Mitarbeiter*innen, die weiterhin vorrangig selbstständig tätig sind, ihre Rentenversicherungspflicht wahrnehmen können. Perspektivisch sollte eine Orientierung an den Honorarrichtlinien unseres Verbands stattfinden.

Der Tonkünstlerverband Berlin engagiert sich für Fair Pay und angemessene Vergütung musikpädagogischer Arbeit in allen Organisationsformen, die in der Mitgliederschaft repräsentiert sind. Dabei vertreten wir in erster Linie die Interessen von Auftragnehmer*innen und Arbeitnehmer*innen und nicht diejenigen von Auftraggeber*innen und Arbeitgeber*innen. Musizieren und Unterrichten lebt von einer Vielfalt an unterschiedlichen, auch hybriden oder patchwork-artigen Beschäftigungsformen, für deren freie Wählbarkeit und Anerkennung als tragfähige Erwerbsmodelle sich unser Verband einsetzt.

» Zur News Liste